Wie alles begann…

Im Vergleich zur Brille sind Kontaktlinsen eine relativ moderne Erfindung. Die Brille wurde vor über 700 Jahren in Italien erfunden, wobei es schon seit dem 1. Jahrhundert Aufzeichnungen über die Nutzung von Edelsteinen zur Vergrößerungshilfe gibt.  Kontaktlinsen hingegen, die nur auf der Hornhaut liegen, gibt es erst seit etwas mehr als 60 Jahren. Aber das Konzept der Kontaktlinse hat seine eigene lange Geschichte.

1508 – Leonardo da Vinci

Die Anfänge der Kontaktlinse gehen auf einen der berühmtesten Erfinder aller Zeiten zurück – nämlich auf Leonardo da Vinci.  Aus dem Jahre 1508 gibt es eine Schrift von Leonardo, in der er den Versuch, den Zustand des Sehens unter Wasser nachzuahmen, festgehalten hat.  Bei diesem Versuch legte er wassergefüllte Glasschalen auf das Auge, welche die Sehkraft verbessern sollten.

In den Schriften von Leonardo da Vinci wurde also zum ersten Mal das Konzept der Kontaktlinse erwähnt. 

1633 – Das Design von Descartes

Etwa 150 Jahre später arbeitete der Mathematiker René Descartes an einer alternative Methode, die auf da Vinci‘s Konzept der Kontaktlinse aufbaut, aber viel mehr mit der heutigen Kontaktlinse gemein hat. Descartes arbeitete an einer am Ende eines mit Wasser gefüllten Röhrchens befestigte Linse, die auf die Hornhaut gelegt wurde und so die Sicht verbesserte.

Das theoretische Wissen existierte schon, bei der Praxis und Ausführung der Theorie hatten leider sowohl da Vinci als auch Descartes Schwierigkeiten. Denn das Röhrchen müsste von außen befestigt werden und aufgrund des Linsendesigns konnte nicht geblinzelt werden.  Descartes muss jedoch angerechnet werden, dass er der erste war, der die Linse direkt auf der Hornhaut platzierte, anstatt sie über das ganze Auge (Horn- und Lederhaut) zu legen.

1801 – Young’s Prototyp

Im Jahr 1801 erschuf der englische Wissenschaftler Thomas Young einen Prototyp, der ganz auf Descartes’ ursprünglichen Entwürfen basierte. Young befestigte diese wassergefüllten Linsen anhand von Wachs an seinen eigenen Augen und hielt die Resultate schriftlich fest.

Er fand heraus, dass seine Sicht durch Descartes’ Linsen verschwamm, aber mit einem weiteren Paar Linsen korrigiert werden konnte. Das half Young dabei, die von da Vinci und Descartes dargelegten Ausgangsprinzipien zu beweisen und somit den Weg für praktischere und bequemer Designs zu ebnen.

1823 – Herschel’s Idee

Der englische Astronom Sir John Herschel konnte mit seinen Vorschlägen zu Schleif- und Anpassungsmethoden der Linse einen weiteren Beitrag für die Entwicklung eines praktischeren Kontaktlinsendesigns beitragen. 1823 schlug Herschel vor, eine Kontaktlinse aus Glas so zu schleifen, dass sie sich so dicht wie möglich an die Oberfläche der Hornhaut anpassen konnte.

Herschel hatte die Idee, eine auf das Auge angepasste Form zu verwenden, damit Kontaktlinsen individuell auf die Augen des Trägers angepasst und hergestellt werden konnten. Und um zu verhindern, dass die Linse das Auge beschädigte, schlug Herschel außerdem vor, eine gelee-artige Füllung zwischen Hornhaut und Linse zu setzen.

1887 – Kontaktlinsen nehmen Realität an

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Idee der Herstellung von Kontaktlinsen für die Allgemeinheit immer realistischer. Der Fortschritt im Glasblasen, im Schleifen der Linsen und in der medizinischen Anästhesie bedeutete, dass eine exakte Imitation der Augenform möglich wurde.

1887 erschuf der deutsche Hersteller von Augenprothesen, Friedrich Adolf Müller, eine transparente Kontaktlinse. Diese ersten Kontaktlinsen wurden nicht zur Korrektur von Sehschwächen entwickelt, sondern wurden erfolgreich für den Schutz der Augen bei Erkrankungen eingesetzt.

Weitere Fortschritte in der Kontaktlinsentwicklung führten dazu, dass Kontaktlinsen als Einsatz für die Sehkorrektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung gewannen. Zu diesem Zeitpunkt war die Technologie jedoch bei weitem noch nicht für einen weit verbreiteten Gebrauch bereit, daher wurden die Linsen nur hin und wieder für spezielle medizinische Zwecke eingesetzt.

Kleine Linsen aus Glas passten sich nur schwierig an die Augen an, während sich größere Linsen negativ auf den natürlichen Tränenfilm auswirkten. Aufgrund der geringen Sauerstoffzufuhr an die Augen konnten diese anfänglichen Glaslinsen nur beschränkt eingesetzt werden, da sie ständig künstlich benetzt werden mussten.  Sie wurden auch als unbequem empfunden, und da kleine Glaslinsen sehr zerbrechlich sind, bestand die Gefahr vor Augenverletzungen. Man war noch weit davon entfernt, Kontaktlinsen zunehmend für die Sehkorrektur anzuwenden.

1936 – Die Sehkorrektur durch Plastik

William Feinbloom war der erste, der Kunststoff für die Herstellung von Kontaktlinsen verwendete und 1936 eine Sklerallinse aus Kunststoff herstellte. Da es keine Gefahr dafür gab, dass die Linsen im Auge zerbrechen, wurde die Kontaktlinsen-Branche komplett von diesen neuen leichtgewichtigen Linsen verändert und die Glaslinsen wurden fast komplett überflüssig.

Trotz dieser enormen Fortschritte handelte es sich bei den Linsen immer noch um Sklerallinsen, welche die gesamte Vorderseite des Auges bedecken, und so nur über kurze Zeit getragen werden konnten.

1948 – Eine neue Linse wird geboren

1948 entstand eine neue Kontaktlinse – und das durch reinen Zufall. Kevin Touhy, ein englischer Optiktechniker, war gerade dabei, eine Kontaktlinse aus Kunststoff abzuschleifen, als der sklerale Teil (der Bereich der Linse, der auf der Lederhaut sitzt) wegfiel.

Der übrig gebliebene Teil bedeckte nur noch die Hornhaut. Also beschloss Touhy diesen Teil der Linse auf in seine eigenen Augen zu setzen. Erstaunlicherweise verrutschte die viel kleinere Linse während dem Herumschauen und Blinzeln trotz der kleineren Oberfläche nicht.

Durch die verkleinerte Linsenoberfläche wurde der natürliche Tränenfilm weniger beeinflusst und der Tragekomfort gesteigert. Über die 50er-Jahre wurden mehrere dünnere Linsendesigns produziert, aber erst in den 60ern nahm die Kontaktlinsen-Branche eine große Veränderung durch.

1959 – Das moderne Zeitalter der Kontaktlinsen

1959 erfand der Chemiker Otto Wichterle das Material Hydrogel HEMA. Durch dieses Material konnten weiche, feuchtigkeitsspeichernde Kontaktlinsen produziert werden, die viel bequemer als die harten Linsen aus Kunststoff waren.

Zu Beginn stieß man bei weichen Kontaktlinsen jedoch auf eine ganze Reihe von neuen Problemen. Der hohe Wassergehalt machte die Handhabung äußerst schwierig, und die Qualität der Sehkorrektur war schlechter als bei harten Kunststofflinsen.

Nach fast einem Jahrzehnt an Verbesserungen erschienen in Großbritannien die weichen Kontaktlinsen Bionite. Im Gegensatz zu harten Kontaktlinsen empfanden die Mehrheit der Träger das ganztägige Tragen der weichen Linsen als relativ bequem.

1971 – Weiche Hydrogel-Linse erreicht die USA und Kanada

1971 wurde es dem kanadischen Unternehmen für Augenpflege Bausch & Lomb von der amerikanischen Food and Drug Administration gestattet, erstmals ihre weichen Hydrogel-Linsen zu vertreiben. Es stellte sich heraus, dass sie unglaublich bequem waren und lösten so den Übergang ins neue moderne Zeitalter der Kontaktlinsen aus. Im Laufe der Zeit wurde die Technologie des Hydrogel-Materials für die Entwicklung von Kontaktlinsen immer wieder erweitert und verbessert. 1981 wurden dann weiche Linsen für das durchgehende Tragen herausgebracht, die auch über Nacht getragen werden konnten.

1986 – Die Einführung von gasdurchlässigen Linsen für das durchgehende Tragen

1986 wurden gasdurchlässige Kontaktlinsen für das durchgehende Tragen auf den Markt gebracht. Gasdurchlässige Linsen (GP-Linsen) bestehen aus festem, haltbarem Kunststoff, der Sauerstoff an die Augen durchlässt. Da sie kein Wasser beinhalten, ist es weniger wahrscheinlich, dass sich Bakterien auf GP-Linsen, jedoch eher auf weichen Kontaktlinsen, absetzen.

1987 – Erscheinung von weichen Tageslinsen

1987 wurden weiche Tageslinsen auf den Markt gebracht. Durch diese weichen Linsen gab es das Problem mit der Hygiene nicht mehr, da sie nach Gebrauch einfach entsorgt werden konnten. Das Erscheinen der Tageslinsen auf dem Markt war ein großer Erfolg und sie bleiben bis heute der beliebteste Kontaktlinsentyp überhaupt.

Die heutigen Kontaktlinsen sind meilenweit von da Vincis ursprünglichem Konzept entfernt. Viele Träger finden sie unglaublich bequem, und man merkt sie oft kaum. Dadurch kann man sich frei bewegen gleichzeitig eine einwandfreie Sicht genießen. 

Denken Sie darüber nach von der Brille auf Kontaktlinsen umzusteigen? In unserem Artikel Welcher Kontaktlinsentyp passt zu mir? finden Sie heraus welche Kontaktlinsen am besten zu Ihnen passen.